Kellerwald (Teil 1) - die erste Nacht
Lange Zeit hat mein Frauchen auf diesen Tag hingearbeitet. Und so ist sie auch schon ganz aufgeregt, als es dieses Wochenende endlich losgehen soll. Als Ziel für den Testlauf "Übernachten im Auto" hat sie sich ihren Lieblingsort in Deutschland rausgesucht. In den Kellerwald an den Edersee soll es gehen. Frauchen meint, es ist gut, wenn man sich beim Testlauf gut auskennt und wenigstens schon weiß, wo es gute Parkmöglichkeiten gibt. Wahrscheinlich hat sie Recht.

Eigentlich wollte Frauchen erstmal nur für eine Nacht unterwegs sein, aber Herrchen meinte, das würde sich gar nicht lohnen und so werden alle möglichen Sachen und ich auch schon am Freitag Abend ins Auto gepackt. Um 18:30 Uhr sind wir unterwegs gen Norden. Ich hoffe, dass Frauchen das mit dem Bettaufbauen auch wirklich gut geübt hat, denn in den Kellerwald ist es weit und wir werden da sicher nicht vor Einbruch der Dunkelheit ankommen. Etwas beunruhigt bin ich auch vom Wetterbericht, den der Mann im Fernsehen am Morgen verkündet hat - der hat nämlich was von kaltem Wetter aus dem Norden gesagt und von Regen. Ob Frauchen wirklich weiß, was sie da tut? Irgendwas von am Besten testet man unter extremen Umständen, hat sie zum Herrchen gesagt. Wenn ich ehrlich bin, bin ich mehr als ein bisschen beunruhigt.

Aber wir fahren ... und fahren .... und natürlich wird es dunkel. Frauchen hat noch einen kleinen Anflug von Vernunft und schlägt Herrchen vor, doch vor Einbruch der Dunkelheit irgendwo anzuhalten und erst am Morgen weiterzufahren. Aber der will unbedingt zu Frauchens Wanderparkplatz fahren, damit sie am nächsten Morgen ihre geplante Tour machen kann und so kommen wir in völliger Dunkelheit am Parkplatz am Nationalpark bei Bringhausen an. Hätten wir nicht schon gewusst, wo er ist, hätten wir ihn sicher nicht mehr gefunden.

Wir sind ganz alleine dort und ich darf erstmal aus dem Auto und mir die Beine vertreten, während Frauchen und Herrchen sich ans Bett Aufbauen machen. Sie räumen und machen und irgendwie ist das Bett dann aufgebaut. Auch ich darf nun in mein Hundebett. Von oben höre ich, wie Frauchen und Herrchen feststellen, dass die Liegefläche am Kopf nach unten geht ... ob das Auto schief steht oder das Bett nicht richtig aufgebaut ist, ist unklar, aber keiner der beiden hat jetzt Lust nochmal aufzustehen und was zu ändern. Vor allem, weil es für Herrchen nicht so einfach ist, seine 100 plus Kilo da oben reinzuquetschen, auch wenn das Bett tief gestellt ist. Und so leiht Herrchen Frauchen selbstlos sein Kopfkissen, damit sie nicht mit dem Kopf nach unten schlafen muss und irgendwann schlafen wir dann alle, auch wenn ich in der Nacht von Herrchens Füßen Besuch bekomme, die plötzlich über mir baumeln. Gut, dass ich beim Schlafen den Platz über mir nicht brauche und großzügig mit Herrchen teilen kann.

Schon um 5:30 ist Frauchen wieder wach, schaut raus und beschließt aufzustehen. Der Himmel ist bedeckt, aber sie freut sich einfach nur, weil es nicht regnet. Schnell hat sie die Regenhose drübergezogen, noch schnell was gefrühstückt und schon brechen wir auf in Richtung Urwaldsteig und Hemfurth. Es ist kalt - da hat der Wettermann schon recht gehabt mit dem Nordwind. Am Fünfseenblick (natürlich gibt es da keine fünf Seen ... aber wenn man von der einen Stelle über Bringhausen auf den Edersee schaut, dann sieht das so aus, als wären da fünf) vorbei treffen wir auf den Weg zum Urwaldsteig. Frauchen ist begeistert, denn ihre Kellerwaldspionin hatte ihr das erste Frühlingsgrün gemeldet und tatsächlich haben die hellgrünen Buchenblätter genau die Farbe und Größe, die Frauchen so liebt. Ich denke ja, dass Frauchen all das, was sie über Härtetest und so gesagt hat, nur deshalb erfunden hat, damit sie einen Grund hat, eben doch genau an diesem Wochenende zu fahren - nicht dass die Blätter ihr sonst vielleicht schon zu groß gewesen wären. Aber das bleibt unser Geheimnis!

Da es immer noch nicht regnet, nimmt sich Frauchen auch etwas Zeit, um genau diese Frühlingsbuchen fotografisch festzuhalten. Mir ist das Recht, denn wie immer fällt dabei was Leckeres für mich ab. Frauchen ist ja sowas von unaufmerksam, wenn Sie fotografiert, da kann ich sie immer hypnotisieren, dass sie Leckerchen wirft. Wir laufen den Urwaldsteig immer weiter entlang. Irgendwann beginnt es leicht zu regnen. Zu Frauchens Freude ist dieser Regen aber nie von langer Dauer. Am Peterskopf auf einem Baumstamm legen wir eine Pause ein, dann geht es weiter in Richtung Parkplatz.



Der Weg kurz vor dem Parkplatz führt ganz steil den Berg hinab. Mit Frauchens Fotografierpausen haben wir 3,5 Std. für die Strecke gebraucht. Kurz bevor wir ankommen, steht plötzlich links von uns eine andere Hündin ganz alleine im Wald. Frauchen macht große Augen und führt mich erstmal weiter zum Parkplatz, in der Hoffnung dort auf die Hundebesitzer zu treffen. Tatsächlich steht dort mein Herrchen im angeregten Gespräch mit zwei jungen Männern, die gerade auf einer der Bänke ihr Frühstück zubereiten. Der Hund gehört auch zu ihnen. Sie sind mit einem Berlingo unterwegs und haben hier auf dem Parkplatz übernachtet. Wir erfahren, dass sie Straßenmusiker aus England sind und am Tag zuvor in Bad Wildungen aufgetreten sind. Frauchen und Herrchen finden die zwei Männer ganz nett und reden über Gott und die Welt bzw. das Leben an sich und Bäume vs. Menschen und so mit ihnen. Ich finde die Hündin blöd, denn sie sagt mir ganz deutlich, dass ich ihr Herrchen nicht anbetteln darf, dabei hat der so leckeres Frühstück und hätte mir sicher was abgegeben. Dafür kriegt die Hündin dann aber auch nichts von dem Essen ab, was Frauchen mir jetzt hinstellt. Nach dem Fressen darf ich erstmal in mein Autobett zum Ausruhen.

Eigentlich wollte Frauchen ja jetzt hier ihren Mittagsschlaf machen. Hatte sie zumindest angekündigt. Aber nun fahren wir doch erstmal weg. Frauchen ist frustriert, weil sie was, was man Kulturbeutel nennt, wohl gestern auf der Herfahrt verloren hat. Jetzt will sie unbedingt einen neuen Kamm (für was das, bei dem Wind, der heute weht, gut sein soll, versteh ich nicht) und eine Zahnbürste (sie soll doch froh sein, dass die weg ist - mir hat sie auch mal sowas ins Maul gesteckt - schrecklich das Teil!!) kaufen. Der nächste Laden ist in Bad Wildungen. Nach dem Einkauf fahren wir jetzt hoch zum Parkplatz "Kleinersches Tor", wo wir parken und Frauchen ihren Mittagsschlaf macht.

Madame Kangoo am Kleinerschen Tor


Fakten: Nationalpark Kellerwald-Edersee, Teil des Weltkulturerbes Buchenurwälder
Parkplatz Nr 1 oberhalb von Bringhausen, direkt am Eingang zum Nationalpark
Parkplatz Nr 2 oberhalb von Kleinern am Kellerwaldsteig

https://www.nationalpark-kellerwald-edersee.de/